Mittwoch, 4. Januar 2017

Donizetti - Der Liebestrank, 03.01.2017

Womit kann man aktuell in Karlsruhe besser ins neue Opernjahr starten als mit Donizettis wunderbarem Elesire d'Amore? Zumindest kann man in der Oper im Januar gut ins neue Jahr starten - man gibt sich Mühe, den Spielplan wieder variabler zu gestalten: neben Donizetti gibt es Bellini, Wagner, Humperdinck, Verdi, Puccini, My fair Lady und Dormans Wahnfried als Uraufführung - sieben unterschiedliche Programmpunkte im Musiktheater innerhalb eines Monats! Respekt und Glückwunsch - so soll es sein, für ein abwechslungsreiches Programm wird man vom Steuerzahler finanziert - man hat im Januar einen normalen Monatsspielplan. Nur Schade, daß man damit schon fast die Hälfte des Jahresrepertoires (sieben von 15 Opern, 7 Premieren + 8 Wiederaufnahmen gibt es 2015/2016 ) gezeigt hat. Die Vielfalt hat massiv gelitten, das Programm ist defizitär (mehr dazu hier). Nun gibt es besorgniserregende Gerüchte, die hier noch nicht bestätigt werden können, denen zufolge es in der kommenden Saison nur noch sechs der üblichen 7-8 Opernpremieren geben könnte (s.u.) Die Anzahl der Wiederaufnahmen müßte also steigen, wenn die Intendanz das Programm nicht noch weiter herabwirtschaften will. Man darf sorgenvoll gespannt sein, wie es mit der Karlsruher Oper weitergeht.

Mit Sparmaßnahmen hat das übrigens nichts zu tun, man ist glimpflich davon gekommen. Die Aufrechterhaltung der Kernsparten steht nichts im Wege. Oder doch: ideologisches Desinteresse könnte bewirken, daß durch Klein- und Kleinstprojekte sowie durch Übernahme von Volkshochschulprojekten ins Volkstheater Geld verbrannt wird, das man an wichtigerer Stelle für das Kernrepertoire benötigt. Dem Badischen Staatstheater stehen zwar haushaltstechnisch Herausforderungen bevor, die man aber als Besucher nur dann bemerken wird, wenn man den beleidigten Leberwürsten und pikierten Sauregurkenparolendreschern auf den Leim geht.

In der Oper hat man anscheinend endlich die Zeichen der Zeit erkannt: es soll in den kommenden beiden Spielzeiten je zwei Koproduktionen mit anderen Opernhäusern geben (wieso hat das so lange gedauert?), wie das neue Theatermagazin nun (und ungewöhnlich früh) sowie gut vernetzte Opern-Fans verraten. Die Opernpläne sehen also nach aktuellem Stand so aus:

2017/2018
Wagner - Götterdämmerung
Mozart - Lucio Silla (Koproduktion mit Brüssel und St. Gallen, Regie: Tobias Kratzer)
Verdi - Simon Boccanegra (mit Antwerpen/Gent, Luxemburg und Montpellier)
Donizetti - Anna Bolena
Händel - Alcina
dazu vermutlich eine Operette, ob es eine 7. Premiere gibt, ist offen

2018/19
Debussy - Pélleas et Mélisande (mit Malmö)
R. Strauss - Elektra (mit San Francisco und Prag, Regie: Keith Warner)

Nicht vergessen darf man, daß der programmatische Abbau durch Intendant Spuhler noch vor allen Sparzwängen begann. Auch im Schauspiel zeigte man sich wiederholt nicht in der Lage, die übliche Anzahl an Premieren im Kleinen Haus auf die Beine zu stellen. Dieses Jahr versucht man, seine Zuschauer mit einer Mogelpackung in die Irre zu führen: in manchen Schauspiel-Abos versteckt man Volkstheater, senkt aber nicht den Preis. Zumindest verlangt man keine Umtauschgebühr, damit nicht vollends der Eindruck entsteht, daß man sein Publikum für dumm verkauft.

Die erste Opernaufführung des Jahres war einerseits sehr gut ausgelastet (ca. 90% der Plätze waren besetzt), andererseits durch krankheitsbedingte Ausfälle geprägt: die Besetzung der Premiere (mehr dazu hier) sang mit steter Spielfreude (wenn auch stimmlich mit leichten Abstrichen), insbesondere als Adina Agnieszka Tomaszewska anstelle von Uliana Alexyuk sowie als Nemorino Eleazar Rodriguez statt Jesus Garcia, dazu ein gewohnt starker Armin Kolarczyk, Edward Gauntt, Anna Tsartsidze und ein motivierter Chor. Daniele Squeo und die Badische Staatskapelle trugen ihren Anteil an der guten Laune zum neuen Jahr hinzu (auch hier leichte Einbußen in der B-Note: gelegentlich begleitete Squeo lieber und gestaltete zu wenig). Bei dieser Inszenierung funktioniert, woran die neue Karlsruher Walküre scheitert: die Personenregie verhilft fast jeder Szene zu Spannung. Besonders Eleazar Rodriguez geht so mit jeder Faser in seiner Rolle auf, daß man gar nicht anders kann als mit dem mexikanischen Tenor zu fiebern, sich zu freuen und begeistert von seinem Auftritt zu sein. Noch jetzt habe ich ein Lächeln auf den Lippen und singe und summe stumm mit. Ein schöner Einstieg in ein Jahr, das erneut von programmatischer Dürre des Spuhlerschen Dogmas geprägt sein wird.