Mittwoch, 13. Dezember 2017

Oper Leipzig: Puccini - Madama Butterfly, 11.12.2017

Wie der Zufall so spielt; in Leipzig spielte man gestern Madama Butterfly, aber immerhin mit zwei bekannten Namen: es dirigierte Christoph Gedschold (die Premiere studierte Anthony Bramall ein), die Inszenierung stammt von Aron Stiehl.

Madama Butterfly mit ihrer eigentümlichen Mischung aus erbarmungslos harter Handlung und wunderschöner Musik - man schmilzt glücklich im tiefsten Unglück dahin. Wenn schon Traurigkeit und Tod auf einer Bühne ihre Schwärze ausschütten, dann will hier die Musik protestieren und die Dunkelheit durch Schönheit kontrastieren. Für manche wird der Konflikt dadurch verharmlost, um bloß nicht sentimental oder triefend zu klingen, hört man oft sachlich-zurückgenommene Interpretationen.
Musikalisch bewegten sich das Gewandhausorchester und Dirigent Christoph Gedschold auf solchen Pfaden, die die Theatralik nicht ausreizt. Das ist Geschmackssache, die Balance zwischen Schönklang und Häßlichkeit ist schwer zu justieren, ein bißchen mehr Emotion und Dynamik hätte der Aufführung gut getan, aber das sind Klagen auf hohem Niveau, der Abend war kurzweilig. Madama Butterfly soll die Oper sein, die Puccini selber am liebsten war. (Manche werden jetzt sagen, daß Eltern oft die schwächlichen Kinder besonders bevorzugen.) Daß Puccini diese Kolonialismus- und Imperialismusoper vor Hiroshima, Vietnam und dem Sextourismus in Thailand komponierte, ist der thematische Geniestreich, der die Handlung immer noch aktuell und zeitgemäß erscheinen läßt. Regisseur Aron Stiehl hat in Karlsruhe Ritter Blaubart, Tannhäuser, La Vestale und Ein Masekenball inszeniert. Seine Leipziger Butterfly vereint das, was man als Zuschauer erwartet: Exotik, Drama und Lyrik, aber auch hier hätte ein bißchen mehr Theatralik gut getan. Aber wer diese Oper 20 Jahre lang in Karlsruhe in der Inszenierung von Giancarlo del Monaco gesehen hat, ist verwöhnt und geprägt.

Für die Exotik sind Bühnenbildner Frank Philipp Schlößmann und die Kostüme von Sven Bindseil verantwortlich. Man sieht ein japanisches Papierhaus im Zentrum der Bühne, das erst in Schieflage gerät und dann auseinander bricht, das falsche Liebesduett im 1. Akt spielt vor einem nächtlichen Sternenhimmel. Die Kostüme sind einerseits traditionell japanisch (Kimonos, Fächer) und modern zwischen den Jahrzehnten, man sieht Kostüme aus den letzten 60 Jahren. Die Handlung spielt aber tendenziell im Hier und Heute, ein Auto steht auf der Bühne und es gibt Mobiltelefone und Fernseher, Amerikaner und amerikanisierte Japaner sind in der Moderne. Goro wirkt wie ein Zuhälter, Cio-Cio-San übernimmt zwischendurch den american way of Bekleidung. Das alles ist stimmig und auf angenehme Weise im Rahmen der Erwartbaren.
Die Südkoreanerin Karah Son ist eine starke Cio-Cio-San, akustisch und visuell überzeugend, voluminös, aber nicht mädchenhaft, der erste Akt paßt nicht ganz, das Herbe der folgenden Sätze liegt ihrer Stimme wesentlich besser. Pinkerton ist ein Feigling, die undankbare Rolle singt Xavier Moreno. Er war 2003-2008 fest engagiert an der Oper in Mannheim und hat sich entwickelt, eine schöne metallische Höhe und gute Bühnenpräsenz. Unter den übrigen Stimmen war besonders Jürgen Kurth als Sharpless mit warmen, angenehmen  Bariton auffallend.

Besetzung und Team
Cio-Cio-San: Karah Son
Suzuki: Sandra Maxheimer
Kate: Lissa Meybohm
Mutter: Catrin von Rhein
Cousine: Hitomi Sakamoto
Tante: Eliza Rudnicka
Pinkerton: Xavier Moreno
Sharpless: Jürgen Kurth
Goro: Dan Karlström
Yamadori: Martin Petzold
Onkel Bonzo: Randall Jakobsh
Yakusidé: Michael Chu
Kaiserlicher Kommissar: Philipp Jekal
Standesbeamter: Tae Hee Kwon

Dirigent: Christoph Gedschold
Inszenierung: Aron Stiehl
Bühne: Frank Philipp Schlößmann
Kostüme: Sven Bindseil