Freitag, 29. September 2017

Goethe - Faust I, 26./28.09.2017

Kaum Faust zwischen Klamauk und Kalauer
Eines vorweg: das Engagement und die Spielfreude der Schauspieler bei der gestrigen Premiere waren ansteckend und ein wichtiger Erfolgsgarant. Bravo!
Doch sonst ist es gekommen, wie es zu befürchten war: Angsthasentheater! Man plätschert am seichten Rand und flachen Wasser und traut sich nicht in die Tiefen und Untiefen des Stücks vor. Goethes Faust wird Abiturthema und in den kommenden Monaten will man am Karlsruher Schauspiel möglichst viele Schüler durch die Vorstellungen schleusen. Das scheint auch der einzige Grund, wieso man Faust nun neu und ausgesprochen dürftig inszenierte, der Regisseur hat die Zielgruppe im Blick: bloß nicht ernst, bloß nicht staubtrocken, bloß nicht bedeutungsschwanger. Das Rezept für einen leichten Faust heißt: Groteske statt Tragödie, eine Entstellung, um eine Pleite zu verhindern. Beim Zuschauer bleibt der schale Eindruck, daß man mit Goethes Text spürbar wenig anfangen kann und ihm subtile Gewalt zufügt, nur die Gretchentragödie gelingt akzeptabel, davor ist vieles Verulkung. Man hat nur Ideen für den Urfaust, an Faust I scheitert man desinteressiert.
Doch Goethes Faust ist ein undurchdringlich kluges Mysterienspiel, in dem so viel mehr steckt, als man inszenieren und wahrnehmen kann, es ist buchstäblich reich und vielfältig - wieso muß die neue Karlsruher Inszenierung so reduziert und so armselig ausfallen? Wieso diese Selbstbeschränkung, die sich der Vielfalt nicht stellen will? Ein Theater, das Goethes Faust nicht mit spürbarer Hingabe und einer triftigen Idee inszenieren kann, hat ein grundlegendes Problem. Was sagte die gestrige Premiere also über das Karlsruher Schauspiel aus? Erneut vermittelt man den unguten Eindruck, daß es hier hauptsächlich nur um den Betrieb, weniger um die Sache und schon gar nicht wirklich um Qualität und das Stück geht. Man will über die Runden kommen und bewegt sich im Notenschema für diese Groteske zwischen ausreichend und ungenügend.

Donnerstag, 28. September 2017

Vekemans - Judas, 27.09.17

Timo Tank ist zurück!
Und wie! Wer sonst kann bei einem 75minütigen Monolog so die Spannung hochhalten, so virtuos Facetten zeigen, eine Einmannshow so souverän und mit Stärke meistern. Großes Theater! Tank (mehr zu ihm auch hier) zeigt sich unverändert und führt den Zuschauern vor, auf was man während seiner Abwesenheit in Karlsruhe verzichten mußte. Und man sollte sich auf keinen Fall vom religiösen Kontext beeindrucken oder abschrecken lassen, Judas ist vor allem eine spannende und unterhaltsame Geschichte, die gerade nicht bierernst theologisch und düster daher kommt, sondern auch amüsante Aspekte hat und stets das Publikum im Auge behält. Der Jubel war groß nach der Premiere. Als Schauspiel-Fan sollte man sich diesen schauspielerischen Genuß nicht entgehen lassen.

Freitag, 22. September 2017

Richter - Safe Places, 21.09.2017

Die Schwäche der Linken ist die Stärke der Rechten 
Die erste Premiere der neuen Spielzeit enttäuschte inhaltlich, vier gute Schauspieler holen heraus, was zu finden ist. In ca. 70 der 75 teilweise etwas zu zäh sich ziehenden Minuten von Safe Places reden die vier Figuren auf der Bühne aneinander vorbei oder führen Monologe. Es geht um Europa, Populismus und Flüchtlinge, es gibt Argumente und Gegenargumente, Unterstellungen und Verdacht, Haß und Drohungen, man schreit laut und flüstert sorgen- oder angstvoll, es gibt Besserwisser und Ignoranten - kurz, man befindet sich in der Laberfalle, eine Gesellschaft weiß nicht, auf welcher Basis man zusammenkommen soll und versteht sich nicht mehr. Safe Places beschreibt Symptome ohne an die Ursachen zu kommen. Die Pointe -für manche eine Resignation- kommt am Schluß. Die AfD tritt auf in Form einer attraktiven Frau - eine verführerische, sanfte Gewalt bietet Ordnung an und ist sich gewiß: sie ist gekommen, um zu bleiben. Drei Tage vor der Bundestagswahl begrüßt das Badische Staatstheater die Partei, an der es nun ist, Empörung und Wut parlamentarisch zu kanalisieren. Daß das so handzahm und harmlos geschieht, wird manchen verwundern - es liegt allerdings an der textlichen Unbedeutendheit von Safe Places, die erneut beweist, daß Autor Falk Richter überbewertet wird.

Dienstag, 19. September 2017

Sonntag, 17. September 2017

Theaterfest, 16.09.2017

Obwohl es in diesem Jahr statt einem Spätsommer gleich einen Frühherbst gibt, riß sich gestern das Wetter zusammen und ermöglichte ein schönes Theaterfest. Der abschließende Spielzeit-Cocktail war einer der besten Schnupperabende seit Jahren mit nur wenigen Schwächen. Aber aus welchem Grund stellt sich ein Intendant vor sein überwiegend erwachsenes bis seniores Publikum und belehrt es darüber, daß es ganz, ganz wichtig sei, zur Bundestagswahl zu gehen? Hält er sein Publikum für infantil oder unreif? Oder hebt er einfach nur gerne den Zeigefinger und spielt den Moralprediger? Deutschen wurde ja früher gerne ein Untertanencharakter nachgesagt, auch heute gibt es noch manche, die es nicht seltsam finden, wenn man sie belehrt. Aber es spielt noch etwas anderes mit. Mit Betroffenheitsgesten, Appellen und vermeintlichen Moralattacken täuscht man Wichtigkeit, Reife und Engagement vor - und das lenkt von anderen Dingen (hier Defiziten im Theaterbetrieb) ab. Oder kurz zusammen gefaßt: Schein statt Sein. Wer die Karlsruher Theaterzwerge der Intendanz von Peter Spuhler verstehen will, kann sich an einem Satz von Peter Sloterdijk orientieren, der vor 16 Jahren bei der Verabschiedung von Dieter Dorn als Intendant der Münchener Kammerspiel gesagt haben soll: "'Daß das Niedere dem Hohen den Rang abläuft – das ist die Generaltendenz des Kunstbetriebs im 20. Jahrhundert, und daß die Niedrigbegabten ihre Gleichberechtigung mit den Hochbegabten erkämpfen, das ist das Gesetz der modernen ästhetischen Entropie". Damit lieferte der Karlsruher Philosoph u.a. auch eine Erklärung, wieso das Badische Staatstheater trotz Spardruck lieber das Volkstheater alimentiert und die Hochbegabten-Sparten kürzt.

Sonntag, 10. September 2017

Programm des Karlsruher Theaterfests am 16.09.2017

Eröffnung des Theaterfests  und Begrüßung durch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup und Generalintendant Peter Spuhler
11.00 Uhr auf dem Theatervorplatz

Bei den weiteren Programmpunkte fällt auf, daß die Oper kaum vertreten ist, u.a. ist vorgesehen:

Freitag, 1. September 2017

Vorschau auf die Spielzeit 2017/2018

Jede Jahreszeit gibt verschiedenen Anlaß für Freude im Herzen, im Spätsommer kommt der Beginn der neuen Theatersaison hinzu. Worauf kann man sich in der bevorstehenden Spielzeit des Badischen Staatstheaters freuen? Wird endlich wieder mehr Bemerkenswertes gelingen? Zweifel sind leider angebracht. Wenn man die letzten Jahre kurz zusammenfassen wollte (hier sind sie es etwas ausführlicher), dann könnte man von defizitären Intendanz der Herabwirtschaftung und Stagnation sprechen. Während der Intendanz von Peter Spuhler wurde die Vielfalt des Opernprogramms drastisch reduziert, das Schauspiel sackte die ersten Jahre in eine schwere qualitative Krise ab und konnte sich erst durch Ziehen der Notbremse und der Absetzung des damaligen Schauspieldirektors Jan Linders wieder stabilisieren und das Ballett stagniert (es wurde zwar nicht gestärkt oder besser gestellt, aber auch nicht geschwächt und dezimiert). Diese Tendenzen setzen sich auch in der kommenden Spielzeit fort.