Sonntag, 16. April 2017

Festspielhaus Baden-Baden: Berliner Philharmoniker, 15.04.2017

Also doch, auch die Berliner Philharmoniker können pauschal klingen. Diese Überraschung währte allerdings nur kurz, dann präsentierte man dem Publikum die gewohnte Perfektion.
Das Violinkonzert h-Moll op. 61 von Edward Elgar gehört zu den großen, stimmungsreichen Solistenkonzerten, der Geiger Pinchas Zukerman begann mit melancholisch fragilem Impuls und entwickelte die Stimmung kunstvoll über innere Unruhe zu einem äußeren Aufgewühltsein. Schade, daß Dirigent Zubin Mehta dieser Interpretation nicht folgen wollte, bei ihm gab es keine zögernde oder tastende Phase, das Orchester entwickelte bereits in der Einleitung die Themen mit hoher Leidenschaft ohne Steigerungsmöglichkeit und hinterließ im Allegro im Gegenspiel zum Soloinstrument einen undifferenzierten Eindruck. Ab dem mittleren Andante spielten Violinist und Orchester dann das gleiche Konzert, die Idylle und leidenschaftliche Steigerung gelangen in Kooperation, das abschließende komplexe Allegro molto mit der Kadenz war der emotionale Höhepunkt, die Rekapitulation der Themen (auch die aus dem ersten Satz erfolgten nun mit und nicht gegen das Soloinstrument) führten zur geglückten Synthese. Zukermann spielte mit einem satten und vollen Klang, der auch fragil klingen konnte, ohne gebrechlich zu sein. Zukerman ist 68 Jahre, Mehta wird Ende April 81 - früher hätte man altersweise Interpretation mit langsamen Tempi erwartet. Davon war nichts zu bemerken, beide wirkten musikalisch jung. Alter spielte hier keine Rolle, bzw. wenn, dann in routinierter Könnerschaft. Bravo!
Nach der Pause erklang von Tschaikowsky die Symphonie Nr. 5 e-Moll op. 64, Zubin Mehta dirigierte auswendig und zeigte seine große Meisterschaft in mustergültigen Tempi und perfekter (aber auch überraschungsfreier) Formgebung. Die Berliner Philharmoniker bewiesen ihre außergewöhnliche Spiel- und Klangkultur - das Publikum war zu recht begeistert.