Montag, 11. Februar 2013

Wagner - Tannhäuser, 10.02.2013

Seit der Premiere (mehr dazu hier) ist Tannhäuser ein sehr schöner und ständig mehr als ausverkaufter Erfolg für das Badische Staatstheater und auch die Presse hat sehr viel Positives darüber geschrieben. Den Satz, über den man sich in Karlsruhe vielleicht am meisten gefreut hat, lieferte die Frankfurter Rundschau: "Was würde ein derart interessanter, überragender Tannhäuser in Bayreuth erst für Furore machen!"

Gestern nun eine weitere Bestätigung, daß die Inszenierung kurzweilig und spannend ist, erst recht wenn man wie gestern hervorragende Sänger hat. Für Peter Seiffert ist Tannhäuser eine Paraderolle. Mit seinem klaren und beweglichen Tenor hinterließ er jederzeit den Eindruck, eine mustergültige Interpretation zu singen und der ideale Tannhäuser zu sein. Beeindruckend, wie er sich sogar noch im letzten Akt steigern konnte und eine großartige, intensive Rom-Erzählung sang. Die zahllosen begeisterten Bravo-Rufe für ihn waren verdient:  Seifferts differenziertes und überlegtes Porträt setzte einen Maßstab, der nur schwer zu überbieten sein wird. Seifferts Ehefrau Petra Maria Schnitzer sang eine lyrische Elisabeth und in dieser Kombination kann man die beiden als Traumpaar für Tannhäuser bezeichnen. Schnitzer hatte in der Vergangenheit bereits beide Rollen als Venus und Elisabeth gesungen. Die bisherige Doppelbesetzung wurde gestern allerdings  aufgegeben: Heidi Melton präsentierte sich als Venus so, wie man sie in Karlsruhe kennt: klangsinnlich und souverän. Erneut war es auch Armin Kolarczyk, der als Wolfram von Eschenbach seine Abendstern-Arie  sensationell schön sang und auch beim Schlußapplaus entsprechend triumphierte.
Viel Applaus auch für den Knabensopran von Tom Volz, der mit seinem kleinen Auftritt alle aufhorchen ließ und sich nahtlos einpasste.
Musikalisch in jeder Hinsicht ein hochklassiger Abend

Regisseur Aron Stiehl  inszeniert Tannhäuser als Künstlerdrama und rosalies ästehtisch-abstrakte Farbbühne unterstreicht diese Interpretation. Wagner baut die Spannung in seinen Opern durch entgegengesetzte Pole, die durch ihre widersprüchliche Charakteristik vielfältig deutbar sind. In der Karlsruher Produktion sind neben dem Gegensatz Gesellschaft / Künstler andere Gegensätze erkennbar, die aber nur angedeutet werden und keine Prägnanz gewinnen, bspw. Venusberg / Wartburg, Wartburgchor/ Pilgerchor, Venus / Elisabeth bzw. sinnliche Liebe / geistige Liebe, Erlösung / Verdammung. Der zottelige Pilgerchor kommt aus Rom genau so niedergeschlagen zurück, wie er bereits im ersten Akt aufbrach.
Daß das Publikum dieser Inszenierung so enthusiastisch zujubelt, scheint in der Kombination der Hör- und Seherlebnisse zu liegen. Die reduzierte inszenatorische Ausleuchtung der Konflikte scheint aber ebenfalls dazu beizutragen und hilft, den Tannhäuserstoff als etwas Interessantes zu sehen, fern von Sinnsünden, Reue, göttlicher Vergebung und Erlösungsdramatik. Tannhäuser wird nicht erlöst, er stirbt in Venus' Armen. Wolfram folgt darauf Venus und scheint der nächste zu sein, der sie sich als Muse wählt.

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