Dienstag, 24. April 2012

6. Symphoniekonzert, 23.04.2012

Das 6. Symphoniekonzert war amerikanisch geprägt: Vor der Pause zwei Vertonungen von Gedichten des amerikanischen Lyrikers Walt Whitman, nach der Pause eine durch einen Aufenthalt in den USA inspirierte Symphonie.

Es begann mit John Adams The Wound-Dresser für Bariton und Orchester nach Walt Whitman, gefolgt von Frederick Delius' Sea Drift für Bariton, Chor und Orchester nach Walt Whitman. Sea Drift wurde (wie Mahlers 6. Symphonie) 1906 auf dem Deutschen Tonkünstlerfest in Essen aus der Taufe gehoben – ein Jahr vor der Premiere der auch in Karlsruhe in dieser Spielzeit so wunderbar wieder entdeckten Oper Delius' Romeo und Julia auf dem Dorfe.

Beide Stücke passten sehr gut zusammen, zeigten interessante Details, wurden von Bariton Roderick Williams und später dem Badische Staatsopernchor schön gesungen und wurden lange beklatscht. Wer in kontemplativ-meditativer Stimmung zum Konzert gekommen war, der konnte seine Freude an Adams und Delius haben; bei anderen stellte sich unter Umständen der Verdacht ein, Zeuge gepflegter Langeweile geworden zu sein.

Zum 350. Geburtstag der Badischen Staatskapelle wurde ein abwechslungsreiches und vielfältiges Programm für diese Spielzeit konzipiert. Doch muß man nach dem sechsten Symphoniekonzert eingestehen, daß es zwar viele Ausgrabungen, aber keine Entdeckungen gab und selten etwas, das Begeisterung auslöste. Es fehlten im Verlauf dieser Konzertsaison vielleicht ein bis zwei Schlachtrösser des Repertoire. So kommen die Höhepunkte zum Schluß (im nächsten Konzert Mozarts berühmtes A-Dur Klavierkonzert  und Mahlers großartige 5. Symphonie, zum Abschluß dann im Juli Beethovens Neunte) und gestern zumindest dann nach der Pause.

Antonín Dvořáks 9. Symphonie  „Aus der Neuen Welt“ ist eine der beliebtesten Symphonien überhaupt und wer nach einer Konzertaufführung nicht begeistert applaudiert, hatte entweder einen uninspirierten Dirigenten oder ist schwerhörig. Aber in Karlsruhe wurde gestern begeistert applaudiert und auch das Orchester applaudierte dem tschechischen Dirigenten Tomas Hanus vehement - mal schauen wie lange es dauert bis er wieder in Karlsruhe zu hören sein wird. Der junge Tscheche hinterließ einen sympathischen und kompetenten Eindruck.

PS(1): Janos Ecseghy verließ seinen Posten als 1. Violinst und das ihm besorgt nachblickende Publikum nach dem zweiten Satz von Dvořáks Symphonie. Für alle Fälle: Gute Besserung!

PS(2): Hallo liebes Staatstheater: wollt ihr nicht mal die alte Ansage von Achim Thorwald aus dem Archiv holen, daß Mobiltelefone auszumachen sind. Es kommt wieder öfters vor und eine kurze Ansage unmittelbar vor Vorstellungsbeginn könnte hilfreich sein.

PS(3): Hallo liebes Staatstheater: wollt ihr nicht mal Zuschauerschulungen anbieten zum Thema: Wie entpacke ich mein Bonbon ohne zu stören? Einige denken immer noch, daß man das in quälend langsamer Weise und nur während den leisen Stellen in Angriff nehmen darf. Vielleicht hilft da auch eine Ansage: Nehmen Sie Ihr Bonbon bitte jetzt, bevor die Vorstellung beginnt und warten sie nicht, bis die ersten Takte einsetzen.

2 Kommentare:

  1. Wolfgang Kiefer26 April, 2012 17:55

    „Gepflegte Langeweile“ hat mich immer wieder in den Synfoniekonzerten dieser Spielzeit befallen (Ausnahme das Sonderkonzert zu Rihm’s Geburtstag), nicht erst bei den Stücken von Adams und Delius. Im Gegensatz zu Honigsammler konnte mich auch Dvoraks Neunte nicht begeistern: Zu zerdehnt der 3. Satz, zu radikal der Blechkrieg im Fortissimo und zu abrupt die Übergänge von den Hörnern in die Streicher.
    Nun spielt ja dieselbe Staatskapelle, die uns in den vergangenen Jahren hinreißende Konzertabende beschert hat. Sie spielt aber unter vielen neuen Dirigenten. Und sie spielt unter einem neuen Direktor. Letzterer hat wohl einigen Einfluss auf das Programm, das sehr gut zum Motto der Spielzeit passen mag, aber gepflegte Langeweile nicht vermeiden kann. Ich schätze sowohl John Adams als auch Frederik Delius sehr, aber The Wounddresser und Sea Drift hintereinander gespielt ist zuviel der Beschaulichkeit. Alle Stücke von Adams im Ballett Siegfried sind weit attraktiver als der Wounddresser und hätten einen echten Kontrast zu Delius gebildet. Wer dann als Belohnung Dvoraks Neunte bringt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er mit den reichlich vorhandenen CDs aller möglichen Orchester und deren Pultstars in den heimischen Wohnstuben konkurriert. Der einzige, der dieser Konkurrenz in Karlsruhe standhalten kann ist Justin Brown – zumindest in dieser Spielzeit. Wenn schon Gastdirigenten sein müssen, dann sollten sie auf eine ausreichende Erfahrung bauen können und nicht mit Gassenhauern wie Till Eulenspiegel in Karlsruhe debutieren wollen.
    Die Voraussetzungen für ein gutes Konzertprogramm sind vorhanden: Staatskapelle und GMD. Hoffen wir, dass diese beiden in der nächsten Spielzeit an das Niveau der Vergangenheit anknüpfen können.

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  2. Vielen Dank für den Kommentar, dem ich beistimme. Auch Dvoraks Symphonie hatte Schwächen, die mir allerdings den Spaß nur minimal beeinträchtigten. Die Gastdirigenten waren alle nicht herausragend, keine Interpretation riss mich begeistert vom Platz oder zwang mich beeindruckt auf selbigen. Abwechslungsreich, aber zu unspektakulär die bisherige Werkauswahl. Da hätte es andere Kaliber gegeben und es stimmt, von Adams gibt es einiges Besseres.
    Na ja im Juni kommt Mahler, im Juli Beethoven - ich hoffe auf diese Termine ... und auf die neue Spielzeit.

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